Was passiert beim Träumen? Die Geheimnisse des Gehirns im Schlaf

Träume faszinieren den Menschen seit Jahrtausenden. Sie geben Rätsel auf, inspirieren und können manchmal wie ein Tor zu unserem Unterbewusstsein wirken. Doch wie funktioniert das Träumen eigentlich, was sagt die Wissenschaft dazu und was können wir aus unseren Träumen lernen?

Warum träumen wir?

Die Frage, warum wir träumen, ist eine der faszinierendsten Fragen der Wissenschaft. Es gibt dazu viele Theorien, die sowohl biologische als auch psychologische Aspekte umfassen.

Informationsverarbeitung

Eine führende Theorie besagt, dass unser Gehirn Träume nutzt, um Informationen und Erinnerungen zu verarbeiten. Träume helfen, Erlebtes zu sortieren, zu speichern und Unwichtiges zu vergessen. Zusammengefasst könnte man es wohl als nächtliche „Aufräumaktion“ bezeichnen.

Emotionale Verarbeitung

Träume können eine Möglichkeit sein, mit Gefühlen und Stress umzugehen. Es gibt Hinweise darauf, dass sie helfen, emotionale Konflikte zu bewältigen und belastende Erlebnisse in einen größeren Zusammenhang zu stellen. Albträume könnten in diesem Zusammenhang eine Art emotionale „Warnung“ sein.

Ganz schön clever

Nach der „Bedrohungssimulationstheorie“ des finnischen Forschers Antti Revonsuo können Träume auch dazu dienen, uns auf mögliche Gefahren oder Herausforderungen im Leben vorzubereiten. Indem wir bedrohliche Szenarien „üben“, können wir im Wachzustand besser darauf reagieren.

Kreative Problemlösung

Träume fördern das assoziative Denken, das uns hilft, kreative Lösungen für Probleme zu finden. So werden viele kreative Durchbrüche wie Albert Einsteins Relativitätstheorie oder Paul McCartneys Song „Yesterday“ zum Beispiel mit Träumen in Verbindung gebracht.

Biologische Aktivität

Einige Forscher betrachten Träume einfach als Nebenprodukt der Gehirnaktivität während des Schlafs. Die „Aktivierungs-Synthese-Theorie“ (Allan Hobson und Robert McCarley) besagt, dass das Gehirn während der REM-Phase zufällige Signale aussendet, die unser Bewusstsein als Träume interpretiert.

Was passiert beim Träumen?

Träume sind eng mit unserem Schlafzyklus verbunden. Besonders aktiv sind sie in der so genannten REM-Phase (Rapid Eye Movement), in der unser Gehirn am intensivsten arbeitet. In der REM-Phase verarbeiten wir Erlebtes, sortieren Erinnerungen und stellen manchmal scheinbar chaotisch Verbindungen her.

1) Die Schlafphasen

Der Schlaf besteht aus verschiedenen Phasen, die sich in Zyklen wiederholen.

  • Non-REM-Schlaf: Die ersten Schlafphasen, in denen sich der Körper entspannt und die Gehirnaktivität abnimmt.
  • REM-Phase: In dieser Phase sind die Gehirnareale, die für Emotionen, Gedächtnis und Kreativität zuständig sind, besonders aktiv. Gleichzeitig ist die Muskulatur des Körpers gelähmt, so dass wir unsere Träume nicht in Bewegungen umsetzen können.

2) Was passiert beim Träumen im Gehirn?

Während der REM-Phase ist das Gehirn in bestimmten Bereichen sehr aktiv:

  • Limbisches System: Das limbische System ist für die Verarbeitung von Emotionen und der Entstehung von Triebverhalten zuständig. Insbesondere die Amygdala (zuständig für Angst und Freude) ist besonders aktiv. Das erklärt, warum Träume oft so emotional sind.
  • Präfrontaler Cortex: Der präfrontale Cortext, zuständig für Logik und rationale Entscheidungen, ist abgeschaltet. Deshalb erscheinen Träume oft unlogisch oder surreal.
  • Hippocampus und Neocortex: Diese Bereiche sind an der Verarbeitung von Erinnerungen beteiligt. Träume können daher Bruchstücke unserer Erfahrungen oder Gedanken des Tages enthalten.

3) Physiologische Veränderungen

Während der Traum-Phase treten auch körperliche Veränderungen auf:

  • Muskelatonie: Der Körper ist gelähmt, um die tatsächliche Ausführung von Bewegungen im Traum zu verhindern – ein Schutzmechanismus, der nach dem Aufwachen wieder verschwindet.
  • Augenbewegungen: Die schnellen Bewegungen unter geschlossenen Lidern spiegeln die Aktivität im Gehirn wider.
  • Herz- und Atemfrequenz: Diese können variieren und ansteigen, je nachdem, wie intensiv der Traum ist.

Beim Träumen laufen also zahlreiche komplexe Vorgänge ab, die sowohl Körper als auch Geist betreffen.

Spannende Fragen und Antworten

Vielleicht hast Du Dir die eine oder andere dieser Fragen schon einmal gestellt? Hier gibt’s die Antworten!

Träumen wir immer und erinnern uns nur nicht immer daran?

Ja, jeder Mensch träumt in der Regel mehrmals pro Nacht, vor allem während der REM-Phase. Ob und wie gut Du Dich an Deine Träume erinnerst, hängt also vor allem davon ab, wann im Schlafzyklus Du aufwachst.

Das Erinnern an Träume ist weniger wahrscheinlich, wenn Du in Non-REM-Phasen erwachst, da hier die Trauminhalte weniger lebhaft sind oder das Gehirn diese bereits „überschrieben“ hat. Auch abruptes Aufwachen (z.B. durch Weckerklingeln) kann ein Erinnern verhindern.

Was ist eine Schlafparalyse?

Damit es in der REM-Phase nicht zu unkontrollierten Bewegungen kommt und die geträumten Bewegungen nicht tatsächlich ausgeführt werden, tritt eine Lähmung (Erschlaffung) der Skelettmuskulatur ein. Die Augen- und Atemmuskulatur sind dabei nicht betroffen. Diese Lähmung endet normalerweise sofort nach dem Aufwachen.

Dauert die Lähmung aber bis in den Wachzustand an, spricht man von einer Schlafparalyse: Bei vollem Bewusstsein fühlen sich die Betroffenen also wie gelähmt, was äußerst beklemmend sein kann.

Häufig handelt es sich um eine Kombination aus Atonie (fehlende Muskelspannung) und Albträumen. Schlafparalysen können auch von Angstattacken begleitet sein. Die Betroffenen fühlen sich hilflos und bilden sich ein, nicht atmen zu können.

Obwohl die Atmung durch die Lähmung nicht beeinflusst wird, da die Zwerchfellatmung erhalten bleibt, ist die Atemhilfsmuskulatur (z.B. Bauchmuskulatur) nicht angespannt. Dies führt zu einem Gefühl der Atemnot.

Ist Schlafwandeln eine Form des Träumens?

Schlafwandeln ist keine REM-Aktivität, sondern tritt im Tiefschlaf (Non-REM-Phase) auf. Der Körper führt Bewegungen aus, weil die Muskellähmung, die uns im Schlaf schützt, in diesen Momenten nicht wirksam ist. Dabei ist der Schlafwandler nicht wirklich bei Bewusstsein.

Traumforschung und Traumdeutung

Die Traumforschung gliedert sich in verschiedene Strömungen und reicht von klassischen psychoanalytischen Theorien bis hin zu neurowissenschaftlichen Ansätzen. Sie ist also ein interdisziplinäres Fachgebiet, dem man sich aus verschiedenen Perspektiven nähern kann.

Viele Menschen fragen sich, ob und was ihre Träume zu bedeuten haben. Können Träume Aufschluss über unser Unterbewusstsein geben, kann man mithilfe von ihnen womöglich versteckte Ängste oder Wünsche ergründen?

Moderne Traumdeutung

Schon in der Antike und im alten Ägypten gab es Aufzeichnungen über Träume und Traumdeutungen. Der Psychoanalytiker Sigmund Freud war einer der ersten, der systematisch versuchte, Träume zu deuten. Für ihn waren Träume „Wunscherfüllungen“ und ein Spiegel des Unbewussten. Carl Gustav Jung, der berühmte Schweizer Psychiater, sah sie dagegen als Ausdruck archetypischer Bilder und kollektiver Symbole.

Freud vs. Jung

Obwohl die Arbeiten der beiden bekannten Pioniere der modernen Psychologie miteinander verbunden sind, gibt es doch einige zentrale Unterschiede zwischen ihren Konzepten, die für den Zugang zu Traumdeutung interessant sein können:

1) Sigmund Freud

  • Zentrales Konzept: Freud betrachtete Träume als Ausdruck verdrängter Wünsche und Konflikte, meist sexueller oder aggressiver Natur. Für ihn waren sie eine Möglichkeit, das Unbewusste zu verstehen.
  • Symbolik: Freud glaubte, dass Träume verschlüsselt sind und oft durch Symbole dargestellt werden, die auf tiefere, verdrängte Inhalte hinweisen.

2) Carl Gustav Jung

  • Zentrales Konzept: Jung betrachtete Träume weniger als Ausdruck persönlicher Konflikte und mehr als Zugang zum kollektiven Unbewussten. Träume enthalten Archetypen – universelle Symbole und Motive, die allen Menschen gemeinsam sind.
  • Symbolik: Traumsymbole hatten für Jung oft eine spirituelle und transzendente Bedeutung. Sie dienten nicht nur dem Verständnis persönlicher Probleme, sondern auch der Auseinandersetzung mit größeren, universellen Themen.

Während Freud Träume als eine Art „Schlüssel“ zu verdrängten persönlichen Konflikten ansah, betrachtete Jung sie als Werkzeug, um Zugang zu größeren universellen Wahrheiten und zur Selbstentwicklung zu erhalten. Freud konzentrierte sich mehr auf persönliche Wünsche und Konflikte, Jung betonte die spirituelle und archetypische Ebene.

Beide Konzepte sind also sehr interessant und können herangezogen werden, um der Bedeutung der eigenen Träume auf die Spur zu kommen und sie aus verschiedenen Perspektiven heraus zu betrachten.

Traumdeutung – so gelingt’s

Wenn Du Dich für Traumdeutung interessierst, kannst Du einige Dinge tun, um Dir die Analyse Deiner inneren Welt zu erleichtern.

1) So kannst Du Dich besser an Deine Träume erinnern

  • Traumtagebuch führen: Lege ein Notizbuch neben Dein Bett und schreibe gleich nach dem Aufwachen alles auf, woran Du Dich erinnerst. Auch Bruchstücke oder Gefühle sind wertvoll.
  • Trainiere das Aufwachen: Versuche, langsam aufzuwachen und die Augen noch geschlossen zu halten, um die Traumbilder festzuhalten.
  • Schlafhygiene verbessern: Ein guter und regelmäßiger Schlaf fördert die REM-Phasen, in denen die meisten Träume entstehen.

2) Träume deuten

Gefühle analysieren: Welche Emotionen hattest Du im Traum? Sie sind oft der Schlüssel, um die Bedeutung zu verstehen; unabhängig von so manchen absurden Situationen, die wir in Träumen erleben und die keine rationale Betrachtung erlauben.

Symbole entschlüsseln: Achte auf wiederkehrende Bilder, Orte oder Personen und überlege, was sie für Dich bedeuten könnten. Oft sind sie metaphorisch und beziehen sich auf Dein Leben.

Kontext prüfen: Frage Dich, was aktuell in Deinem Leben passiert. Träume spiegeln oft Deine Gedanken, Sorgen oder Wünsche wider.

Persönliche Verbindung suchen: Auch wenn es allgemeine Symbole gibt, ist ihre Bedeutung oft individuell. Zum Beispiel kann Wasser für jemanden Freiheit bedeuten, für andere Angst vor Kontrollverlust.

3) Zusätzliche Tipps

Traumlexika nutzen: Solche Bücher oder Online-Ressourcen können Anhaltspunkte geben, sollten aber nicht starr befolgt werden.

Mit anderen austauschen: Sprich mit anderen über Deine Träume – so kannst Du wertvolle Ideen und verschiedene Perspektiven bekommen, die Deine eigene Traumdeutung ergänzen und weitere Hinweise liefern.

Die geheimnisvolle Welt des Träumens

Unsere Träume sind eine faszinierende Kombination aus Wissenschaft, Psychologie und persönlichem Wachstum. Im Mittelpunkt steht die Frage, warum wir träumen und welche Mechanismen dahinterstecken.

Aber auch die Traumdeutung ist ein äußerst beliebtes Mittel, um sich selbst und das eigene Leben zu ergründen. Durch das Analysieren von Symbolen, Emotionen und wiederkehrenden Mustern lassen sich persönliche Botschaften und unbewusste Themen erkennen.

Ein nächtlicher Blick in unser Unterbewusstsein, der sich lohnt!


2 Kommentare

  1. Ich habe viel dazugelernt! Danke dir also für deine Mühen und harte Arbeit. Ich finde es super, mit unterschiedlichen Theorien bekannt zu werden, und mir dadurch eine eigene Meinung zu dem Thema zu bilden. Plus: Ich mag die Setzung und Wahl deiner Bilder sehr – genauso wie die „Funfacts“, die du in den Kästchen setzt. Sehr cool gemacht! 🙌

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