Gewohnheit vs. Motivation – Wie Verhaltens-Systeme helfen, Ziele zu erreichen

Gute Gewohnheiten helfen uns, Ziele zu erreichen und unser Leben nachhaltig zu verändern. Um sie in den Alltag zu integrieren lohnt sich daher der Aufbau eines Systems, das uns gegen fehlende Motivation und Orientierungslosigkeit wappnet.

Das Problem mit der Motivation

Mit der Motivation ist das so eine Sache. Oft, wenn man sie gerade am dringendsten braucht, ist sie unauffindbar oder schlummert schamlos Seite an Seite mit dem inneren Schweinehund in den Untiefen der eigenen Existenz. Meist zucken wir dann mit den Schultern und resignieren in Anbetracht der Überzeugungskraft, die nötig wäre, um die Motivation aus der Reserve zu kitzeln.

Doch ein ungutes Gefühl bleibt und nicht selten bekommen wir Gewissensbisse oder schämen uns, dass wir schon wieder nichts für unsere Ziele getan und uns stattdessen zum Nichtstun haben hinreißen lassen. Auf die Motivation zu warten, ist also kein erfolgversprechender Weg.

Denn wie man weiß, ist aller Anfang schwer – wenn man dann mal an einem Projekt oder einer Tätigkeit sitzt, kommt es einem oft nur noch halb so schlimm vor wie erwartet. Doch der Weg dahin, die Überwindung, das sich Aufraffen – all das kostet Kraft, Zeit und kognitive Leistung, die wir für andere Dinge hätten nutzen können.

Doch was ist nun ein besserer Weg?

Mit guten Gewohnheiten zum Erfolg

Gerade zum Jahresende sind die berühmten schlechten Gewohnheiten, die wir ein für alle mal sein lassen wollen, in aller Munde. Etwa rauchen oder abendliches Schlemmen vorm Fernseher, das für überflüssige Pfunde sorgt.

Weil sich solche Verhaltensweisen über längere Zeit eingeschlichen haben, denken wir oft gar nicht mehr über sie nach, sondern laufen sozusagen auf Autopilot. Was oft vergessen wird: neben schlechten Gewohnheiten können wir auch gute Gewohnheiten entwickeln und für uns nutzen.

So macht es anfangs naturgemäß noch wenig Spaß, sich untrainiert und mit Seitenstechen durch den Park zu schleppen. Doch nach ein paar Wochen sieht die Sache schon anders aus und die wöchentliche Joggingrunde ist vielleicht zu einer persönlichen Auszeit geworden, wo man den Kopf frei kriegt und Energie tankt. Doch der Weg dahin bedeutet Regelmäßigkeit und Disziplin.

Übung macht den Meister

Wie lange es dauert, neue Gewohnheiten zu etablieren, ist nicht in Stein gemeißelt. Manche Studien sprechen von 21 Tagen, andere von einem Zeitraum von mehreren Monaten. Faktoren können hierbei die Art der Tätigkeit sein und auch, ob einem das eigene Warum bewusst sein. Fakt ist jedoch: Veränderung ist nicht von heute auf morgen möglich und festigt sich durch regelmäßige Wiederholung.

Das Motto lautet: je öfter man etwas tut, umso leichter fällt es einem und desto weniger muss man darüber nachdenken. Um sich von Motivationstiefs oder Zweifeln den Weg nicht versperren zu lassen, muss also ein Plan her, der Regelmäßigkeit und Durchhaltevermögen ermöglicht.

Tipps zur Entwicklung eines Gewohnheits-Systems

Mit der richtigen Planung kann man ein solides System entwickeln, das hilft, Ziele zu verwirklichen und der besten Version von sich selbst näher zu kommen.

1) Das eigene Warum identifizieren

Wenn uns klar ist, wofür wir etwas tun, empfinden wir es als sinnstiftend und es fällt uns leichter, am Ball zu bleiben. Mit Intention ausgestattet, stellt sich dann gar nicht mehr die Frage, ob es sich überhaupt lohnt, dieses oder jenes Verhalten umzusetzen, sondern man erkennt den direkten Nutzen seines Handelns.

Um das eigene Warum herauszufinden, kann man sich zum Beispiel die folgenden Fragen stellen:

  • Was ist mir im Leben wichtig? Welche Werte vertrete ich?
  • Was für ein Mensch möchte ich sein?
  • Wie werde ich mich fühlen, wenn ich XY erreicht habe?
  • Warum möchte ich mich so fühlen? Inwiefern tut es mir gut?

Wer mag, kann sich auch in Form von Meditation oder kleinen Tagträumen genauer in diese Fragestellungen hineinfühlen und durch innere Visualisierungen das persönlichen Warum entdecken.

2) Nicht nur in Tätigkeiten, sondern in Identität denken

Wenn es um die Erreichung von Zielen geht, wird oft geraten, sich zu überlegen, welche Schritte getan werden müssen, um sie zu erreichen. Der Weg zum Ziel wird also in bestimmte Etappen eingeteilt und notwendige Tätigkeiten werden festgelegt.

Das ist natürlich wichtig und richtig. Trotzdem bleiben die eigenen Ziele auf diese Weise letztendlich von uns selbst abgetrennt – sie werden also eventuell nicht ausreichend in unser Leben und in unsere Gefühlswelt eingebettet, wodurch der Bezug zum Ziel verloren gehen kann.

Wer will ich sein?

Es ist deswegen empfehlenswert, sich nicht nur zu fragen, was man erreichen will, sondern was für ein Mensch man gerne wäre. Dieser kleine, aber feine Perspektivwechsel kann einen großen Unterschied machen. Auch wenn unser Verhalten dazu beiträgt, wer wir als Mensch sind, kann der Fokus auf den Aspekt des „Seins“ motivieren. Man tut also nicht nur etwas, sondern verkörpert es.

Im nächsten Schritt kann man sich dann fragen: „Was würde der Mensch, der ich sein will, tun? Wie würde er sich verhalten? Wie fühlt es sich an, dieser Mensch zu sein“ Und daraus wertvolle Hinweise und Inspiration für das eigene Verhalten ableiten.

3) Rituale und klare Abmachungen mit sich selbst

Je länger man überlegt, ob es eine gute Idee ist, heute bei Schmuddelwetter die Laufschuhe anzuziehen und joggen zu gehen, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, sich dagegen zu entscheiden. Denn schließlich rufen das kuschlige Sofa und Netflix und einmal aussetzen ist ja ohnehin auch nicht so schlimm. Nächstes Mal hat man bestimmt wieder mehr Bock.

Aus einem Mal wird ein nächstes Mal und ehe man sich versieht, ist der Traum von der Jogging-Routine dahin. Damit das nicht passiert, empfiehlt es sich, mit Ritualen und klaren Vorgaben an sich selbst zu arbeiten. Das kann schon damit anfangen, die Laufschuhe gut sichtbar im Flur zu positionieren, dafür zu sorgen, dass ein frisches Set an Laufklamotten bereit liegt oder sich ritualmäßig mit dem Lieblingssong auf die vor einem liegende Runde einzustimmen.

Keine Ausreden mehr

Noch essentieller ist aber, feste Zeiten für die gewünschten/benötigten Tätigkeiten einzuplanen – das kann zum Beispiel immer an denselben Wochentagen sein oder jede Woche je nach den Lebensumständen neu organisiert werden, wenn es nicht anders geht. Die Hauptsache ist, dass von vorn herein klar ist, dass XY zum geplanten Zeitraum umgesetzt wird.

So eine Agenda erinnert vielleicht auf den ersten Blick an den (oft wenig beliebten) Stundenplan aus Schulzeiten – aber Struktur hat nichts mit Spießertum zu tun und soll auch nicht dazu dienen, die eigenen Tage rigoros durchzutakten. Struktur bietet vielmehr Halt, verkürzt Entscheidungswege und ist somit ein wichtiges Werkzeug bei der Erreichung von Zielen.

4) Nicht nachdenken, sondern machen

Sobald das System steht, muss der Plan „nur noch“ umgesetzt werden. Jetzt könnte man sagen: „Ja, wenn das so nur so einfach wäre – genau das ist ja mein Problem!“ Dann ist genau der richtige Zeitpunkt, um sich bewusst zu machen, dass man durch die gemachten Vorkehrungen und Überlegungen all die Zweifel und Einwände einmal weglassen und auf das eigene System vertrauen kann.

Man hat schließlich geprüft und festgestellt, dass XY es wert ist und warum. Die Frage nach dem „Ob“ braucht man ab diesem Punkt nicht mehr stellen. Sollte man nach einiger Zeit merken, dass das Ganze doch nicht das Wahre ist, kann man immer noch das Handtuch werfen. Aber zunächst einmal sollte man sich und seinen Zielen die Chance geben in Aktion zu kommen.

Die gewonnene Erfahrung in der Etablierung von Gewohnheiten und Verhaltens-Systemen kann man dann erneut anwenden und sich an neuen Routinen versuchen. Auf das sehr gängige Motivations-Problem wird man dann schon viel seltener stoßen.

Nicht dem Zufall überlassen

Durch ein durchdachtes System, hinter dem man aus Überzeugung steht und das im Einklang mit der eigenen Wahrheit ist, kann man Motivationsproblemen und Grübeleien also freundlich den Kampf ansagen.

Gut planen, die Entscheidung treffen und sich der Umsetzung verpflichten – so hat man die besten Voraussetzungen, um auch auf Durststrecken durchzuhalten und gute Gewohnheiten zu entwickeln, die einen ans Ziel bringen.


2 Kommentare

  1. Diesen Beitrag sollte ich mir ausdrucken und einrahmen, um mich daran zu erinnern, was ich für mich machen kann. Er hat viele gute Punkte für mich angebracht; vor allem das Fragen nach dem eigenen Warum, den Perspektivwechsel (der oft viel zu schnell untergeht) und das Setzen der festen Zeiten (daran hapert’s bei meinem inneren Schweinehund immer am ehesten). Vielen Dank, Juli! 😊

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